Steuer CD und Verwertungsverbot

Die durch staatliches Handeln erlangten Bankdaten auf Steuer CDs können einem strafrechtlichen Verwertungsverbot unterliegen. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Bundeslandes Rheinland-Pfalz vom 24.02.2014 – VGH B 26/13 – über eine Verfassungsbeschwerde. Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen einen Durchsuchungs- und einen Beschlagnahmebeschluss in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung sowie gegen die die Beschwerden verwerfenden Beschlüsse der Strafgerichte. Sie betrifft die Frage, ob in den Beschlüssen Daten verwertet werden durften, die das Land Rheinland-Pfalz von einer Privatperson erworben hatte.

Eine Schlussfolgerung aus diesem Urteil ist, dass in jedem Verfahren neu überlegt werden muss, ob eine Verwertungsverbot vorliegen könnte oder nicht.

Beratungshinweis
Es sollte daher immer Akteneinsicht beantragt werden, um die Umstände der Erlangung der Steuerdaten CD in Erfahrung zu bringen.

Das Urteil ist für alle ähnlich gelagerten Steuerstrafverfahren von Bedeutung
Auch wenn im entschiedenen Fall die Verfassungsbeschwerde als unbegründet bezeichnet worden ist, folgt daraus nicht, dass zukünftig jegliche Verwertung von ausländischen Bankdaten, die durch ein rechtswidriges oder strafbewehrtes Verhalten eines privaten Dritten erlangt wurden, ohne weiteres mit der Verfassung in Einklang steht. Dies gilt jedenfalls solange, wie der Gesetzgeber den Ankauf solcher in rechtswidriger oder gar strafbarer Weise erlangten Daten nicht ausdrücklich legitimiert, sondern Finanz- und Strafverfolgungsbehörden auf einer zumindest unklaren rechtlichen Grundlage operieren. Vielmehr ist es denkbar, dass zukünftig gleichsam mosaikartig eine Situation entstehen könnte, die es als gerechtfertigt erscheinen lässt, das Handeln eines privaten Informanten der staatlichen Sphäre zuzurechnen. Denn die Behörden dürfen nicht jedes auf Eigeninitiative beruhende unrechtmäßige Einwirken Dritter auf private Schutzgüter bewusst ausnutzen. Sollte es daher etwa zu einer verstärkten Involvierung staatlicher Behörden in das Procedere bezüglich der Datenbeschaffung oder zu einer planmäßigen Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden und privaten Informanten kommen, wird die Frage der Zurechnung des privaten Handelns zum Staat und damit die Frage eines möglichen Verwertungsverbots solcher Daten neu aufgeworfen.

Solange sich die Rolle staatlicher Behörden nicht allein auf eine schlichte Entgegennahme von Bankdaten ohne Gegenleistung und ohne irgendeine Einflussnahme auf das Geschehen beschränken sollte, sind auch die Gesamtumstände in den Blick zu nehmen. So können für die Frage der Zurechnung auch ein gegebenenfalls erheblicher Anstieg von Ankäufen ausländischer Bankdaten und eine damit verbundene Anreizwirkung zur Beschaffung dieser Daten von Bedeutung sein. Hierbei wird etwa einerseits in Rechnung zu stellen sein, wie häufig und in welchen zeitlichen Abständen es zu ernstzunehmenden Angeboten durch private Informanten und daraufhin zu einem Ankauf von Bankdaten in der Vergangenheit gekommen ist, in wieviel Fällen andererseits ein Erwerb von Bankdaten durch staatliche Stellen abgelehnt wurde. Von Relevanz wäre es schließlich auch, wenn es bereits in der Vergangenheit zu einer Zusammenarbeit mit denselben Personen in ähnlichen Fällen gekommen sein sollte.

Die Gerichte sind daher zukünftig auch gehalten, zu überprüfen, wie sich das Ausmaß und der Grad der staatlichen Beteiligung hinsichtlich der Erlangung der Daten darstellen. Hierbei sind sie auf eine möglichst umfassende Information der Staatsanwaltschaften bzw. Finanzbehörden zu den Umständen des Datenerwerbs angewiesen, um ihrer Prüfpflicht nachzukommen. Dies betrifft den konkreten Einzelfall ebenso wie die Gesamtentwicklung. Eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht des Staates ist gerade für die Austarierung des Spannungsverhältnisses zwischen Wahrheitsermittlung und Verwertungsverboten im Hinblick auf die Funktionalität der Strafrechtspflege und einem effektiven Grundrechtsschutz nicht verzichtbar. Die Intensität der Prüfungspflicht wird es daher in aller Regel auch ausschließen, ohne eigene Abwägung und Bewertung auf mehrere Jahre zurückliegende Entscheidungen anderer Gerichte zu scheinbar parallel gelagerten Fällen pauschal Bezug zu nehmen. Eine Ausnahme hiervon besteht lediglich dann, wenn wie im vorliegenden Fall, auf eine Entscheidung verwiesen wird, der ein nahezu identischer Fall des Datenankaufs zugrunde liegt. Die Entscheidung darüber, wo die Grenze für eine Zurechnung des privaten Handelns zum Staat zu ziehen ist, obliegt dabei jedoch letztlich ebenso in erster Linie den Fachgerichten, wie die Entscheidung darüber, welche Folgen sich aus einer Zurechnung des privaten Handelns zum Staat ergeben.